
Ziel ist es, die bisher ungeordnete Mischung aus Wohnen, Gewerbe und illegalen Nutzungen im Bestand zu strukturieren und neue Flächen zu schaffen, um sowohl der Nachfrage nach Gewerbeflächen als auch der angespannten Wohnungssituation in Dreieich gerecht zu werden. Hierfür ist zu Beginn verfahrensrechtlich die Verabschiedung eines sogenannten Aufstellungsbeschlusses2 durch die Politik notwendig, um mit dem Projekt starten zu können und die erforderlichen Gutachten zu beauftragen. Vor Erstellung eines Planentwurfes erfolgt in der nächsten Vegetationsperiode erst mal eine vollständige Biotopkartierung, um festzustellen, welche Flächen ohne Eingriff in wertvolle Biotopstrukturen bebaut werden können. Insgesamt rechnen die Stadtplaner für das Projekt mit einer Laufzeit von fünf bis zehn Jahren, bis die Flächen vollständig analysiert, mögliche Bauflächen identifiziert und die Machbarkeit geprüft werden kann. Denn neben der Aufstellung des Bebauungsplans müsste in diesem Gebiet auch die öffentliche Erschließung, also der Anschluss an öffentliche Versorgungseinrichtungen und das Verkehrsnetz geplant und hergestellt werden. Dazu gehören der Bau von Straßen, Gehwegen und die Verlegung von Leitungen für Wasser, Abwasser, Strom- und Energieversorgung sowie Telekommunikation.
Mit dem Aufstellungsbeschluss wird somit der legitime Anfang für das weitere Verfahren gesetzt. Zu diesem Zeitpunkt existiert noch keine Planung, sondern es kann nun mit der Erarbeitung eines städtebaulichen Konzepts inklusive Verkehrs- und Freiflächen begonnen werden. Hiermit wird die grundsätzliche Bebaubarkeit untersucht, wobei die wichtigen Biotopstrukturen, Kaltluftschneisen und weitere öffentliche Belange in der Analyse berücksichtigt werden. Das heißt, nicht die Gesamtfläche innerhalb des Geltungsbereichs von insgesamt rund 41 Hektar wird bebaubar sein, weil Flächen für den Naturschutz und Ausgleichsmaßnahmen vorgehalten werden.
Das Gebiet für den aufzustellenden Bebauungsplan befindet sich im Südwesten Sprendlingens, westlich des Bahnhofs Sprendlingen. Das Plangebiet wird im Norden und Osten von der Bahntrasse Sprendlingen-Buchschlag begrenzt und im Süden durch die Darmstädter Straße. Im Westen verläuft die Grenze des Plangebiets entlang der Straße An der Lettkaut. Mittig durchquert die Rostädter Straße das Plangebiet (siehe Karte). Gemäß dem übergeordneten geltenden Regionalen Flächennutzungsplan (RegFNP) 2010 ist der südliche Teil des Plangebiets als gewerbliche Baufläche zum einen im Bestand und zum anderen in Planung dargestellt und der nördliche Teil als geplante Wohnbaufläche. Angrenzend an die Rostädter Straße und den Bahnübergang ist darüber hinaus ein Teil des Plangebiets als gemischte Baufläche in Planung abgebildet. Am südlichen Rand ist ein Teil des Plangebiets als Grünfläche ausgewiesen, die in Teilen als Vorbehaltsgebiet für besondere Klimafunktionen und Vorranggebiet regionaler Grünzug dargestellt ist. Der RegFNP wird zurzeit für das Zieljahr 2030 neu aufgestellt. Die im Vorentwurf geplanten Siedlungserweiterungsflächen sind im Vergleich zu dem gültigen RegFNP (Stand 2010) umfangreicher zugunsten der Siedlungserweiterungsfläche für Gewerbe.
Die bestehende Nutzungsmischung aus Gewerbe und Wohnen entlang der Rostädter Straße, die Ausnutzung der Grundstücke und die Immissionsbelastung stellen städtebauliche Herausforderungen dar. Hinsichtlich der öffentlichen Verkehrsflächen liegen darüber hinaus infrastrukturelle Engpässe vor. Auch die Anbindung des Gebiets über den Bahnübergang der Rostädter Straße ist nicht zufriedenstellend. Bei Genehmigung weiterer Vorhaben besteht die Gefahr, dass sich die Situation weiter unkontrolliert verschärft und sich die genannten Punkte verfestigen. Um die städtebauliche Entwicklung entlang der Rostädter Straße besser zu lenken, ist die Aufstellung eines Bebauungsplans daher unverzichtbar.
Ein weiterer Grund ist die Nachfrage nach Gewerbe- und Wohnflächen. Denn zum einen können Anfragen nach Gewerbeflächen, die von Gewerbetreibenden gestellt werden, nicht in vollem Umfang bedient werden. Von den 92 Flächenanfragen, die im Jahr 2024 den Fachbereich Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing erreicht haben, konnten für 65 der Anfragen keine passenden Angebote von Gewerbeflächen und -immobilien gefunden werden. Zum anderen ist Dreieich in attraktiver Lage in der Metropolregion FrankfurtRheinMain eine Stadt mit angespanntem Wohnungsmarkt. Steigende Immobilien- und Baukosten sowie begrenzte Nachverdichtungspotenziale in der Stadt verstärken die angespannte Angebotslage. Aufgrund der räumlichen Nähe zum Zentrum Sprendlingens und der Lage am Haltepunkt der Dreieichbahn bietet sich das Plangebiet an der Rostädter Straße für eine Neuentwicklung an. Die DreieichBau hat inzwischen alle städtischen Grundstücke bebaut, die für den Wohnungsbau zur Verfügung standen. Im Geltungsbereich dieses Bebauungsplanes liegen weitere städtische Grundstücke, auf denen die DreieichBau weitere bezahlbare Wohnungen errichten könnte.
Bereits in den 1980er-Jahren wurde ein erster Versuch für eine städtebauliche Neuordnung in diesem Bereich gestartet. 1989 wurde der Bebauungsplan 2/83 „Gewerbegebiet Sprendlingen Süd“ aufgestellt, der allerdings durch ein Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs im Jahr 2000 für nichtig erklärt wurde. Dies wurde zum Anlass genommen, eine Neukonzeption in Form eines Masterplans zu erarbeiten, der 2003 vom Büro Albert Speer & Partner GmbH entwickelt wurde. Die Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans scheiterte allerdings an den Ergebnissen der hydrogeologischen Untersuchung und dem Wegfall der geplanten Erschließung durch eine Ortsumfahrung, wodurch die städtebaulichen Ziele des Masterplans nicht umgesetzt werden konnten.
Mit dem Bebauungsplan Nr. 3/25 „Wohn- und Gewerbegebiet Rostädter Straße, Sprendlingen“ soll die Stadtentwicklung Dreieichs wieder Fahrt aufnehmen, denn mögliche Bauflächen sind wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung und Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit Dreieichs. Wichtiger Teil der Rahmenplanung für das Projekt ist eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten, Wohn- und Gewerbegebiete nachhaltig zu gestalten, wie beispielsweise durch eine naturnahe Flächengestaltung, ein nachhaltiges Energieversorgungskonzept und ein tragfähiges Mobilitätskonzept. Ziel ist es, ein Gebiet zu entwickeln, das die Anforderungen an die Entwicklung von Gewerbe- und Wohnflächen und des Klimaschutzes bestmöglich vereint. Im ersten Schritt soll nun unter Einbeziehung aller bereits erstellten Fachplanungen und den aktuellen Rahmenbedingungen ein städtebauliches Konzept entwickelt werden. Sollten sich dabei zum Beispiel Bereiche und Flächen ergeben, die sich nicht zur Entwicklung eignen, kann der Geltungsbereich des Bebauungsplanes entsprechend reduziert werden. Um bereits im frühen Stadium die Flächenverfügbarkeit für die Durchführung der städtebaulichen Maßnahme mit einzubeziehen, soll zusätzlich eine Vorkaufsrechtssatzung3 beschlossen werden. Um die Vorgaben des aufzustellenden Bebauungsplans und die städtebauliche Entwicklung umzusetzen, wird im späteren Verlauf eine Neuordnung der Grundstücke durch ein Umlegungsverfahren4 notwendig.
„Mit dem Aufstellungsbeschluss schaffen wir die planerische Grundlage für eine zukunftsfähige Entwicklung Sprendlingens“, so Erster Stadtrat Holger Dechert. „Wir wollen sowohl der Wirtschaft als auch Familien langfristig neue Perspektiven in Dreieich bieten und dabei gleichzeitig Nachhaltigkeit und Klimaschutz fest verankern.“ Zudem sei geplant, die Bürgerschaft ebenso wie die Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer frühzeitig über das Verfahren und die einzelnen Prozessschritte zu informieren. „Bei einer Projektdauer von bis zu zehn Jahren ist es wichtig, die Bürgerschaft transparent und nachvollziehbar einzubeziehen“, so Erster Stadtrat Holger Dechert abschließend. Erste Informationsveranstaltungen seien im Laufe des nächsten Jahres geplant.
Anlage: Karte Geltungsbereich
1 Ein Bebauungsplan ist Teil der Bauleitplanung. Die Bauleitplanung soll die städtebauliche Entwicklung ordnen und leiten, einerseits durch den Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan), anderseits durch den Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
2 Ein Aufstellungsbeschluss ist die formelle Entscheidung einer Gemeinde, ein Bebauungsplanverfahren einzuleiten. Er benennt die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung und stellt das Plangebiet in einer Karte dar.

3 Eine Gemeinde kann nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Geltungsbereich eines Bebauungsplans durch Satzung ihr Vorkaufsrecht an unbebauten Grundstücken begründen. Ferner kann die Gemeinde nach § 25 Abs. 1 Nr. 2 BauGB in Gebieten, in denen sie städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht, durch gemeindliche Satzung Flächen bezeichnen, an denen ihr ein Vorkaufsrecht an den Grundstücken zusteht. Diese Möglichkeit dient der Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung in der Gemeinde.
4 Ein Umlegungsverfahren ist ein gesetzlich geregelter Prozess, bei dem Grundstücke neu geordnet und getauscht werden, um zweckmäßig geformte Grundstücke für die bauliche Nutzung zu schaffen. Ziel ist es, einen Ausgleich zwischen den Interessen der Grundstückseigentümer und der Allgemeinheit zu schaffen, beispielsweise indem Bauland aus ungenutzten Flächen geschaffen oder bestehende Strukturen geändert werden. Die Gemeinde führt das Verfahren durch, wobei das Baugesetzbuch (§§ 45 ff. BauGB) die Grundlage bildet.
Die detaillierten Beschlussvorlagen stehen auf der städtischen Website unter https://dreieich.gremien.info/meeting/1848 zur Verfügung.



